Niedrigzinsen – Belastung für Pensionszusagen

Die anhaltenden Niedrigzinsen werden zum kaum kalkulierbaren Risiko für Mittelständler. Doch es gibt Möglichkeiten, sich von dieser Last zu befreien.

Autor: Dipl.-Kfm. Sascha Richter – gesamter Artikel bei Handelsblatt.com

Es ist eine einst gut gemeinte Versorgungsleistung, die für viele Mittelständler zunehmend zur schweren Belastungsprobe wird: Je tiefer die Zinsen fallen, desto mehr Kapital müssen deutsche Unternehmen aufbringen, um später ihre Pensionszusagen an die Mitarbeiter einhalten zu können. Geld, das ihnen an anderer Stelle fehlt.

Investitionen können nur unzureichend getätigt werden. Im schlimmsten Fall wird nach und nach sogar das Eigenkapital aufgezehrt, und es droht das Aus des Unternehmens „Die Risiken für die Unternehmen steigen enorm“, warnt Fikret Bektas, Leiter Spezialberatung Anlage-, Risiko- und Pension-Management bei der Deutschen Bank. Und derzeit deutet nichts darauf hin, dass sich die Zinssituation bald entspannen könnte.

Die Problematik im Detail: Anders als andere Instrumente der betrieblichen Altersversorgung wie Pensionsfonds oder Versicherungslösungen wirken Pensionszusagen direkt auf die Bilanz. Sie machen in Deutschland rund die Hälfte aller Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung aus. Die Niedrigzinsen machen die ursprüngliche Kalkulation für die Altersvorsorge der Mitarbeiter obsolet.

Die Rechnung ist einfach: Je niedriger der Zins, desto mehr Geld muss eine Firma zurücklegen, um den Kapitalbedarf zu decken. „Explodierende Rückstellungen reduzieren den Gewinn der Unternehmen, zumal die zusätzlich benötigten Mittel aus dem Cashflow gezahlt werden müssen und somit die Liquiditätslage der Unternehmen schwächen“, sagt Fikret Bektas.

Quelle: Bafin, https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statistik/Erstversicherer/dl_st_17_erstvu_pf_gesamt_va.html; Stand: 02.10.2019

Quelle: Bafin, https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statistik/Erstversicherer/dl_st_17_erstvu_pf_gesamt_va.html; Stand: 02.10.2019

Damit nicht genug: Weil Rückstellungen auf der Passivseite der Firmenbilanz als Verbindlichkeit zu verbuchen sind, schmälern sie das Eigenkapital – und so die Bonität des Unternehmens. Das kann im Extremfall an die Existenz gehen.

Und während etwa die nach internationalen Regeln bilanzierenden Dax-Konzerne niedrige Zinsen bereits in ihren Bilanzen berücksichtigt haben, steht den meisten nach deutschem HGB-Recht bilanzierenden Mittelständlern das dicke Ende noch bevor.

Es geht um gigantische Beträge: Der Umfang der Pensionsverpflichtungen im Mittelstand liegt laut Angaben des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft bei über 23 Milliarden Euro. „Viele Mittelständler kennen die Risiken, aber sie haben das Thema aufgrund niedriger Priorisierung im Alltagsgeschäft und mangels attraktiver Handlungsalternativen immer wieder vertagt“, sagt Deutsche Bank-Experte Bektas.

Im ersten Schritt ist es wichtig, die Pensionszusage inhaltlich zu prüfen. Möglicherweise können einfache Anpassungen bereits dazu führen, dass die Pensionsrückstellungen gesenkt werden können beziehungsweise eine weitere Steigerung verhindert werden kann. Im nächsten Schritt kommt es darauf an, das passende Finanzierungsprodukt für die Pensionszusage zu finden. Doch es gibt Auswege aus diesem Dilemma.

(Sehen Sie im Video unten, wie Unternehmen mit Pensionsrückstellungen umgehen. Quelle: r e s u l t s – Das Unternehmer-Magazin der Deutschen Bank.)

Auch kann eine Auslagerung der Pensionsverpflichtungen in vielen Fällen sinnvoll sein. Grundsätzlich kommen hierfür verschiedene Möglichkeiten in Frage, beispielsweise ein Pensionsfonds. Von einer Auslagerung profitiert das Unternehmen durch bessere Bilanzkennzahlen und ein stärkeres Rating.

Auch die späteren Rentenbezieher haben Vorteile: Schließlich wird ihre Vorsorge vom Unternehmen gekoppelt und ist durch eine Kapitalunterlegung vor einer Insolvenz noch besser geschützt. Zudem ist im Falle eines Unternehmensverkaufs ein deutlich höherer Preis zu erzielen.

Konkret können Mittelständler ihre Pensionsverpflichtungen etwa in die Deutsche Pensionsfonds AG auslagern, ein Joint Venture der Zurich Gruppe Deutschland und der Deutschen Bank. Damit sind die Pensionsverpflichtungen aus der Bilanz raus und das Unternehmen kann wieder in seine Zukunftsfähigkeit investieren.

Der Deutsche Pensionsfonds ist dabei deutlich günstiger als etwa eine Versicherungslösung. Risiken und Liquiditätsbedarf können zudem sehr genau berechnet werden.

Autor: Dipl.-Kfm. Sascha Richter

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Sascha Richter ist ein Autor für Fachberichte im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge.

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